Klimawandel: Warum ist uns das egal? (Teil 2)

Wir haben bereits diskutiert über die Einzelheiten zum Klimawandel, seine verheerenden Auswirkungen und wie wir diese verlangsamen können, jetzt tauchen wir tiefer in die Thematik ein. Ein Artikel reicht einfach nicht aus. Hat Sir David Attenborough nach seinem ersten Dokumentarfilm im Jahr 1954 aufgehört, unseren schönen Planeten zu filmen? Natürlich nicht! Er veröffentlichte einen Film nach dem anderen und hoffte, dass seine Zuschauer eines Tages tatsächlich etwas tun würden, um diesen Planeten zu schützen, anstatt nur exotische Orte zu bewundern, während man von Attenboroughs Engelsstimme verzaubert wurde, die das Paarungsverhalten seltener Pinguine erklärte.

Warum ist es uns angesichts all dieser schrecklichen Informationen über den Klimawandel und seine verheerenden Auswirkungen immer noch nicht wichtig genug, etwas zu bewirken? Warum ist bisher jede geopolitische Anstrengung kläglich gescheitert? Und gibt es eine Lösung für das Problem, ohne dabei die Menschheit zu zerstören? Finde es heraus in Klimawandel, Teil 2: warum ist es uns egal.


Unsere Geschichte

Dass wir die Anzeichen der globalen Erwärmung ignorieren, ist nichts Neues - die Menschheit ist in Bezug auf den Klimawandel in gewisser Weise skeptisch und gleichgültig. Die Besorgnis über Kohlendioxid in der Atmosphäre unseres Planeten reicht bis ins Jahr 1820 zurück, als der Übergang zu neuen Herstellungstechniken und die rasche Ausbeutung natürlicher Ressourcen während der ersten industriellen Revolution unsere Beziehung zu unserer Umwelt für immer veränderten. Der französische Mathematiker und Physiker Joseph Fourier war 1824 die erste bekannte Figur, die darauf hinwies, dass die Erde ohne unsere Atmosphäre ein kühler Ort wäre (sprich: zu kalt, um darauf zu leben). Um diese Zeit wurde auch der „Treibhauseffekt“ entdeckt. Nur um uns zu erinnern: Das ist der Anstieg der atmosphärischen Konzentration von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Stickstoffoxid (N2O) und Ozon (O3) die globale Erwärmung verursachen (2).

Bereits 1930 war bekannt, dass eine Verdoppelung der Kohlendioxidemissionen zu einem Anstieg der globalen Erwärmung um 4 Grad Celsius führen kann. In der Mitte des 20. Jahrhunderts haben Regierungssysteme weltweit das erste Mal in der Geschichte die Bedeutung ihrer Beteiligung am Klimawandel anerkannt. Jedoch dauerte es noch bis 1988, als das „Intergovernmental Panel on Climate Change" (IPCC) gegründet wurde, das heute als eines der einflussreichsten Gremien bekannt ist (2). Seit seiner Gründung veröffentlicht das IPCC jährliche Berichte zum Klimawandel, die bestätigen, dass sich unser Planet tatsächlich zunehmend erwärmt.

2016 markiert das Jahr des Pariser Abkommens. 184 Länder haben sich verpflichtet, die durch menschliche Aktivitäten verursachten Kohlenstoffemissionen (auch bezeichnet als anthropogene Emissionen) zu reduzieren. Auch wenn seitdem einige Dinge passiert sind: Wie die USA mit Trump zum Beispiel aus dem Abkommen austritt, mit Biden jedoch seit Februar wieder Mitglied ist. Oder wie die Welt erkennt, dass die meisten Länder ihre Klimaziele für 2030 nicht erreichen werden. Und wenn wir diese Ziele nicht erreichen, sind die finanziellen Verluste astronomisch (sprich: 2 Milliarden USD pro Tag) (3). Jedoch noch schlimmer: Die Umweltschäden werden irreversibel. Im Jahr 2020 erreichte das atmosphärische CO2 zum ersten Mal in der Geschichte fast 420 ppm, und die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wurden mit 35 Milliarden Tonnen registriert (4). Kohlendioxid trägt zum höchsten Prozentsatz der globalen Treibhausgasemissionen bei, gefolgt von Methan und Stickoxiden (5).



Warum ist uns das egal?

Wenn es um umweltfreundliches Verhalten geht, ist eines sicher: Wir Menschen ignorieren gerne komplexe und immaterielle Probleme. Wir neigen dazu, Probleme, die wir selbst nicht direkt erleben, zu ignorieren oder ungültig zu machen. Wie der Klimawandel. Die Wurzel dieses Problems reicht bis in die Zeit zurück, als wir Jäger und Sammler waren. Der Geist der Menschen entwickelte sich in einer Welt, in der es eine greifbare und viszerale Verbindung zwischen Handlung und Konsequenz gab. Wenn zum Beispiel ein Völkerstamm alle Bäume in seinem Gebiet fällen würde, würde er kein Holz mehr haben. Wenn sie alle Tiere in ihrem Gebiet jagen würden, würden sie ohne Quellen für Fleisch, Felle usw. zurückbleiben. Die Konsequenzen ihrer Handlungen waren unmittelbar. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem modernen Leben und der Zeit der Jäger und Sammler besteht darin, dass Menschen heutzutage selten sehen, fühlen, berühren, hören oder riechen, wie sich ihr Verhalten auf die Umwelt auswirkt. Beim Kauf im Supermarkt sehen wir nicht, wie die Lebensmittel angebaut, geerntet, verarbeitet oder transportiert werden, wir sehen nur ein Produkt. Und wenn ein solches Produkt nicht vorrätig ist, ist es nur normal anzunehmen, dass am nächsten Tag die Regale wieder aufgefüllt sind (6).

Und dann gibt es Gletscher. Es versteht sich fast von selbst, dass Süßwasser für das Überleben des Menschen unerlässlich ist und etwa 90 Prozent der weltweiten Süßwasserressourcen befinden sich in den Gletschern der Antarktis. Da wir die schmelzenden Gletscher und deren Auswirkungen jedoch nicht sehen sehen in unserem täglichen Leben, fällt es Wissenschaftlern schwer, die Welt davon zu überzeugen, dass dies ein vorrangiges Problem ist, das uns alle betrifft.

 

Gibt es noch Hoffnung?

Es war Aristoteles, der sagte: „Was vielen gemeinsam ist, wird am wenigsten gepflegt." Wir sind Teil eines Systems, das uns motiviert, unseren eigenen Gewinn unbegrenzt zu steigern - in einer Welt, die begrenzt ist. Kein Einzelner möchte die Größe seines Nutzwerts reduzieren, da dies nur einen winzigen Bruchteil des Problems darstellt. Gleiches gilt für Unternehmen und sogar Regierungen.

Viele Forscher und Ökonomen sind jedoch der Ansicht, dass die globale COVID-19-Pandemie der perfekte Zeitpunkt für die Geschäftswelt ist, um ihre Politik nachhaltiger zu gestalten und neu zu strukturieren. Diese Zeiten erfordern starke Maßnahmen der Regierung, und der Drang an Innovation scheint wichtiger als je zuvor.

Seit vielen Jahren messen wir den „Erfolg“ eines Landes anhand des BIPs (Bruttoinlandsprodukt), aber viele Ökonomen argumentieren, dass das BIP zu eng gefasst ist und ersetzt werden sollte, weil es beim Wirtschaftswachstum nicht die Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigt (die, wie bereits erwähnt, langfristig Milliarden von Dollar pro Tag kosten können). Wenn es beispielsweise zu einer großen Umweltkatastrophe kommt, wird viel Geld für die Wiederherstellung ausgegeben, was - ironischerweise - zu einem Wachstum des BIP führen wird. Also ja, das BIP sollte wahrscheinlich nicht das Hauptziel der wirtschaftlichen und öffentlichen Politik sein, auf das sich die Regierungen konzentrieren… (11).



Viele Ökonomen behaupten, dass innovativere Metriken und Modelle anstatt des guten alten BIPs verwendet werden könnten und sollten. Ein Beispiel hierfür ist das Donut-Modell. In diesem Modell gilt eine Wirtschaft als erfolgreich, wenn alle zwölf sozialen Grundlagen erfüllt sind, ohne eine der neun ökologischen Obergrenzen zu überschreiten.

Das Konzept dieser Grenzen wurde vom schwedischen Professor Johan Rockström entwickelt, um „die sicheren Grenzen zu quantifizieren, außerhalb derer das Erdsystem in einem stabilen, holozänen Zustand nicht weiter funktionieren kann“. (12) „Overshoot" gefährdet die Fähigkeit von Systemen, sich nicht wieder erholen zu können. Wir haben sogar einen Artikel geschrieben über den Overshoot Day der Erde, den wir dir empfehlen durchzulesen. 


Was können wir tun?

Das Ändern des Verlaufs der Geschichte ist keine Aufgabe für eine einzelne Person, und es werden ernsthafte Maßnahmen der Regierung erforderlich sein, um die Dinge wirklich zu ändern. Dennoch können wir Menschen unseren Beitrag auf individueller Ebene leisten, indem wir Bewusstsein schaffen und das richtige Beispiel vorgeben. Da tierische Produkte zu den ressourcenintensivsten gehören, bewirkt der Verzehr fleischfreier Mahlzeiten einen großen Unterschied bei den Treibhausgasemissionen. Schau dir doch mal unsere vollwertigen Mahlzeiten an, die nicht nur 12 Monate haltbar, sondern auch 100% vegan sind.

Der einfachste und vielleicht wichtigste Weg, um etwas zu erreichen, besteht darin, deine Bedenken zu äußern. Sprich mit deinen Freunden, deiner Familie, deinen Kollegen oder sogar mit deinen örtlichen Regierungsbeamten. Rede über deine Bedenken und ermutige andere, das Problem ernst zu nehmen! Zusammen können und müssen wir einen Unterschied machen.


Quellenangaben:

  1. IPCC. 2014. Climate change 2014: synthesis report – summary for policy makers. Intergovernmental Panel on Climate Change.
  2. Le Treut, H., R. Somerville, U. Cubasch, Y. Ding, C. Mauritzen, A. Mokssit, T. Peterson and M. Prather, 2007: Historical Overview of Climate Change. In: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change.
  3. Roberts, D. (2019, November 5). Vox. Retrieved from The Paris climate agreement is at risk of falling apart in the 2020s: https://www.vox.com/energy-and-environment/2019/11/5/20947289/paris-climate-agreement-2020s-breakdown-trump.
  4.  Global Carbon Budget - Friedlingstein et al. (2019),Earth System Science Data, 11, 1783-1838, 2019, DOI: 10.5194/essd-11-1783-2019.
  5. IPCC 2018. Climate change 2018: special report – Global warming of 1.5°C. Summary for policymakers. Intergovernmental Panel on Climate Change.
  6. Griskevicius, V., Cantú, S. M., & van Vugt, M. 2012. The evolutionary bases for sustainable behavior: implications for marketing, policy and social entrepreneurship. Journal of Public Policy & Marketing, 31(1): 115-128.
  7. Pauleit, S., Zölch, T., Hansen, R., Randrup, T. B., & van den Bosch, C. K. (2017). Nature-based solutions and climate change–four shades of green. In Nature-Based Solutions to Climate Change Adaptation in Urban Areas (pp. 29-49). Springer, Cham.
  8. Conway, E. M., & Oreskes, N. (2014). The Collapse of Western Civilization: A View from the Future. Columbia University.
  9. Cohen, D. K. (2019, March 26). Sea levels are rising and we don’t have a Plan B. Retrieved from University of Utrecht: https://www.uu.nl/en/news/rising%20sea%20levels%20no%20Plan%20B
  10.  Falham’s Street Mental Model, The Tragedy of the Commons, https://fs.blog/2011/08/the-tragedy-of-the-commons/ 
  11. S. Hill. 2020. A post-pandemic research agenda. LSE Impact Blog. Available here: https://blogs.lse.ac.uk/impactofsocialsciences/2020/06/30/a-post-pandemic-research-agenda/
  12. Rockström, J., Steffen, W., Noone, K. et al. A safe operating space for humanity. Nature 461, 472–475 (2009). https://doi.org/10.1038/461472a
  13. Davis, E. (2018). WWF Report Reveals Staggering Extent of Human Impact on Planet. Retrieved from WWF: https://www.worldwildlife.org/press-releases/wwf-report-reveals-staggering-extent-of-human-impact-on-planet